Verlegung eines Spitalinsassen ins Seelhaus

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Einleitung
Verlegung eines Spitalinsassen ins Seelhaus
Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St.Gallen, SpA, W, 23 Protokolle der Ausser- und Innermeister 1734-1742, 1. Oktober 1737.

Ungezieferbefall war in der frühneuzeitlichen Stadt insbesondere unter den Angehörigen der sozial schwächeren Schichten ein lästiges Übel. Das Leben auf engem Raum in dunklen, schlecht gelüfteten Wohnstuben und die misslichen hygienischen Verhältnisse führten dazu, dass Läuse und anderes Ungeziefer weit verbreitet waren.
Auch in den Institutionen der medizinischen Fürsorge konnte kaum verhindert werden, dass gelegentlich Lausbefall auftrat. Die Patienten mussten dann möglichst umgehend «gesäubert» werden.
Der Blick in einen medizinischen Ratgeber aus dem 19. Jahrhun-dert veranschaulicht, was unter einer «Säuberung» zu verstehen ist: Bei Kopflausbefall wurde geraten, die Haare abzuschneiden und gegen das Ungeziefer mit Anisöl, Salzwasser, Weingeist und einer Salbe aus Seife und Schwefelleber vorzugehen. Gegen Kleiderläuse wurde im 19. Jahrhundert eine Salbe aus grüner Seife und Kochsalz empfohlen, und bei Filzläusen sollte man die Körperhaare rasieren und den Körper mit grauer Quecksilbersalbe einreiben.


Hinweise zur Transkription
Distinktionszeichen werden in der Transkription weggelassen. Zeitgenössische Worttrennungen (in der Regel durch Doppel-punkte angezeigt) werden in der Transkription mit Bindestrichen dargestellt. Lösen Sie Kürzungen (z.B. m-Kürzungen oder er-Kürzungen) sowie auch abgekürzte Wörter (z.B. «sp.» als «spital» und «s. v.» als «salva voto») auf. Beachten Sie, dass bei Wörtern, welche auf -en enden, ein vom Endbuchstaben abwärts geführter Bogen oder Haken angehängt wird (z.B. bei «mahlen» oder «hergekommen»).


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Übung
Verlegung eines Spitalinsassen ins Seelhaus
Zoom Level:
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Resultat
Verlegung eines Spitalinsassen ins Seelhaus
Die Transkription lautet:
Peter Greüter,
so vor etwas zeit, wie schon mehr mahlen, aus dem
spital entloffen und nun salva voto voll unziefer wider
hergekommen, solle, wann er im seelhaus völlig ge-
saübert, wider in spital aufgenommen werden.
Erörterung:
Der Spitalinsasse Peter Greüter war aus dem Spital ausgerissen und war bei seiner Rückkehr von Ungeziefer befallen. Bevor er wieder im Spital aufgenommen wurde, musste er sich im Seelhaus einer «Säuberung» unterziehen.
1737 war nicht das erste Jahr, in welchem Peter Greüter aus dem Spital ausriss; bereits 1733 war er aus dem Spital entwichen. Peter Greüter wurde seit 1710 regelmässig in St.Galler Fürsorgeinstitutionen und Korrektionsanstalten aufgenommen bzw. – wie sein Entlaufen zeigt – dort auch gegen seinen Willen eingewiesen. Er verbrachte fast 30 Jahre seines Lebens immer wieder im Prestenhaus, im Zuchthaus, im Spital und im Seelhaus.

Erklärungen
sp.: spital
s.v.: salva voto: unter Vorbehalt der Zustimmung
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