Kinder im Spital

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Einleitung
Kinder im Spital
Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St.Gallen, SpA, W, 20 Protokolle der Ausser- und Innermeister 1695-1703, 1. August 1702.

Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Heiliggeist-Spital nicht nur Pfrundhaus und Krankenstation, sondern auch Waisenhaus. In der Kinderstube des Spitals fanden Kinder und Jugendliche, die von ihren Eltern oder von einem Elternteil getrennt waren, bis zum Alter von ungefähr sechzehn Jahren Aufnahme.
Viele der Kinder waren keine Vollwaisen. Häufig lebte noch mindestens ein Elternteil, konnte aber wegen Ortsabwesenheit oder Bedürftigkeit nicht für die Kinder sorgen.
Die Kinder unterstanden nicht nur einer Schul-, sondern auch einer Arbeitspflicht. Sie hatten Strümpfe zu stricken, Garn zu spinnen oder im Haushalt mitzuhelfen.


Hinweise zur Transkription
Transkribieren Sie u/v nach dem Lautwert. Distinktionszeichen werden in der Transkription weggelassen. Passen Sie i und j dem heutigem Gebrauch an. Zeitgenössische Worttrennungen werden in der Transkription mit Bindestrichen dargestellt. Lösen Sie in dieser Quelle nur diejenigen Kürzungen auf, deren Sinn sich erschliessen lässt (z.B. uß-Kürzung bei «erkantnuß»), nicht aber mehrdeutige Kürzungen wie «e. e. rath». Wörter, die optisch zusammengeschrieben erscheinen, inhaltlich jedoch nicht zusammen gehören, werden getrennt.
Beachten Sie, dass bei Wörtern, welche auf -en enden, ein vom Endbuchstaben abwärts geführter Bogen oder Haken angehängt wird (z.B. bei «worden»).


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Übung
Kinder im Spital
Zoom Level:
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Resultat
Kinder im Spital
Die Transkription lautet:
Cornelius Högger, Bernhards spittalkarrers buob,
welcher von e. e. rath an den klotz in spittal erkennt
worden, nun aber ab selbigem sich gerißen und weg ge-
laufen und jez sich wider bey seinen elteren aufhalt,
so ist erkennt worden, ihne, zu folg der erkantnuß e. e. r.,
wider in spittal an klotz zethun, schärfer anfeßlen
und wegen letsten außreißens zur straff ziehen.
Erörterung:
Cornelius Högger war eines der Kinder, das im Spital aufwuchs, obwohl seine Eltern in der Stadt St.Gallen lebten. Sein Vater war Spitalkarrer. Vielleicht war der Sohn im Spital untergebracht, weil seine Eltern keine Möglichkeiten hatten, sich ausreichend um ihn zu kümmern. Cornelius’ mehrmaliges Ausreissen deutet aber darauf hin, dass der Sohn lieber bei seinen Eltern als im Spital gewesen wäre.
Cornelius Högger wurde als Strafe dafür, dass er aus dem Spital weggelaufen war, mit dem Klotz belegt. Beim Klotz handelt es sich um ein aus Holz verfertigtes oder aus Eisen geschmiedetes Strafwerkzeug, das am Fussgelenk befestigt wurde. Es handelte sich um eine übliche Bestrafung nach einem Fluchtversuch. Wer mit dem Klotz belegt war, konnte sich nur noch eingeschränkt bewegen und wurde an einem weiteren Fluchtversuch gehindert.

Erklärungen
e.e.: Anrede des Rates, z. B. ehrenwert, ehrenvoll, ehrsam u.ä.
klotz: aus Eisen oder Holz gefertigte Fussfessel
e.e.r: Anrede des Rates, z. B. ehrenwerter, ehrenvoller, ehrsamer Rat
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