Die Appenzeller bitten ihre Eidgenossen von Luzern, sie wie Freiburg, Solothurn und Schaffhausen als Ort der Eidgenossenschaft anzunehmen

1 / 3
1
Einleitung
Die Appenzeller bitten ihre Eidgenossen von Luzern, sie wie Freiburg, Solothurn und Schaffhausen als Ort der Eidgenossenschaft anzunehmen
STALU, URK 77/1400

Der in bestem eidgenössischen Kanzleiton gehaltene Brief der Appenzeller an ihre Eidgenossen – Schultheiss und Rat von Luzern – ist ein Beispiel der diplomatischen Korrespondenz, mit der die Appenzeller in den Jahren nach 1500 ihre Bemühungen um Aufnahme in die Eidgenossenschaft begleiteten. Noch immer gelangten sie zuerst an Luzern, und so findet sich auch diese Missive der Appenzeller im Staatsarchiv Luzern.
«Unser fruntlich willig dienst und w[a]z wir eren, lieps und guotz vermoegent zuo voran. Strengen, frommen, fürsichtigen, wisen, besunder guoten fründ und getrüwen lieben aydgenossen»: Im Lauf des immer intensiveren Umgangs der Eidgenossen untereinander entwickelten sich auch exklusive Anredeformeln. Wie es sich gehörte, betonten die Appenzeller 1510 zuerst ihre Dienstbereitschaft und versicherten den Vertragspartnern ihren guten Willen. Die Luzerner wurden mit Ausdrücken versehen, die ihre Standhaftigkeit und Tüchtigkeit betonten sowie ihre Eigenschaft als gute Ratgeber. Und als erste Ansprechpartner der Appenzeller waren sie besonders gute und treue «Freunde» – und das heisst: Bundesgenossen.


Hinweise zur Transkription
Transkribieren Sie u/v nach dem Lautwert. Beachten Sie, dass Distinktionszeichen über dem u, welche der Unterscheidung vom Buchstaben n dienen, weggelassen werden. Zeichen über dem u, die nach heutigem Lautwert ein ü meinen, werden hingegen als solche ergänzt. Beachten Sie die verschiedenen Kürzungen. Fügen Sie über der Zeile stehende Vokale hinter dem darunter stehenden Vokal ein.


2
Übung
Die Appenzeller bitten ihre Eidgenossen von Luzern, sie wie Freiburg, Solothurn und Schaffhausen als Ort der Eidgenossenschaft anzunehmen
Zoom Level:
1
2
3
Resultat
Die Appenzeller bitten ihre Eidgenossen von Luzern, sie wie Freiburg, Solothurn und Schaffhausen als Ort der Eidgenossenschaft anzunehmen
Die Transkription lautet:
und früntlich zuobeschulden begerent, ir wellint unsre frommen und trüwen hertzen,
so wir zuo üch habent, ansechen und betrachten, alles dz guot, so wir üch begerent
zetuond, wellint uns als fromm lüt, die wir, ob Got wil, sind und an üch sin woltent,
zuo ainem ort üwer loblichen aydgnosschaft, wie die stett Fryburg, Soloturn und
Schaffhusen angenommen sind, och annemen.
Erörterung:
Im Appenzeller Schreiben von 1510 wurden als «Ort» diejenigen Mitglieder der Eidgenossenschaft bezeichnet, die Sitz und Stimme in der Tagsatzung hatten und Beute und Einkommen aus der Verwaltung gemeinsamer Untertanengebiete teilten. Im Schwabenkrieg gegen Maximilian I. von Österreich und den Schwäbischen Bund von 1499 hatten die Appenzeller ihre Treue gegenüber den Bündnispartnern unter Beweis gestellt. Wie die Städte Freiburg, Solothurn und Schaffhausen wollten sie nun auch ein «Ort» werden. Basel, seit 1501 Ort der Eidgenossenschaft, erwähnen die Appenzeller nicht in ihrem Antrag. Der Grund ist wohl, dass die Basler einen Vertrag erreicht hatten, der sie fast in jeder Beziehung mit den acht alten Orten gleichstellte. Die Eidgenossen hatten jedoch klar gemacht, dass ein Beitritt Appenzells unter Basler Bedingungen ausgeschlossen war. Die nachgeordnete Stellung von Freiburg, Solothurn und Schaffhausen ist vor allem beim Eid sichtbar, den sie den Eidgenossen, diese aber umgekehrt nicht ihnen leisten mussten. Die hartnäckige, pragmatische Diplomatie der Appenzeller und der Wunsch der Länderorte nach Stärkung ihrer Stellung gegenüber den Städten in der Tagsatzung führten 1513 zum Erfolg. Appenzell wurde zum 13. Ort der Eidgenossenschaft.

Erklärungen
zuobeschulden: verdienen (im guten Sinn); vergelten (Guttaten)
frommen: ehrbaren
trüwen: treuen
an üch sin wollent: Euch gegenüber sein wollen
ort: vollberechtigtes Mitglied der Eidgenossenschaft
üwer: eurer
annemen: (als eidgenössischen Ort) aufnehmen
Unsere Website verwendet Cookies, um Ihnen das beste Online-Erlebnis zu bieten. Durch die Nutzung unserer Website akzeptieren Sie die Verwendung von Cookies in Übereinstimmung mit unseren Datenschutzbestimmungen.
OK!