Chartularium Sangallense

Ansicht Chartularium

© Benjamin Manser / TAGBLATT

 

1983 wurde St. Gallen das Label „UNESCO Welterbe“ verliehen. Der wichtigste Grund dafür ist der qualitativ und quantitativ ausserordentlich gute schriftliche Nachlass in der Stiftsbibliothek und im Stiftsarchiv. In der Bibliothek sind dies vor allem die illuminierten Buchbestände aus dem Frühmittelalter, im Archiv die ebenfalls bis ins 8. Jahrhundert zurückreichenden Urkunden. Darüber hinaus verfügt das Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St. Gallen über einen sehr umfangreichen Urkundenbestand, der ins Jahr 1228 zurückreicht.

Was sind Urkunden?
Urkunden gehören zu den wichtigsten schriftlichen Quellen des Mittelalters. Dabei handelt es sich um päpstliche, königliche und fürstliche Privilegien, Verträge des Güterrechts, Vergleiche in Streitangelegenheiten, Bündnisse zwischen Ländern und Städten usw., die auf Pergament geschrieben und mit den Wachssiegeln der beteiligten Parteien beglaubigt wurden. Aus diesen Königs-, Papst- und Privaturkunden schöpfen historisch Interessierte ihre Informationen. Was Urkunden besonders wertvoll macht, ist die Tatsache, dass sie nördlich der Alpen bis 1400 nahezu die einzigen Zeugnisse für Fragen der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte darstellen.

Was ist eine Urkundenedition?
Die von Hand geschriebenen Urkunden nützen der Geschichtsforschung aber nur, wenn sie auch gelesen werden können. Wer aber kann heute noch alte Handschriften entziffern? Eine Edition liefert die buchstaben- und wortgetreue Umschrift des Originals (Transkription) mit einem Inhaltsbeschrieb sowie mit Anmerkungen zu den Personen und Orten. Auf diese Weise wird eine Urkundenedition zum leicht benutzbaren Grundlagenwerk für alle, die sich für historische Fragen interessieren. Das sind nebst Historikern und Historikerinnen Juristen, Volkskundler, Sprachinteressierte, Namensforscher, Genealogen usw. Sie alle müssen nicht mehr mühsam alte Handschriften entziffern und ins Archiv gehen, sondern finden die Informationen in der Urkundenedition. Unabhängig davon, ob es sich um die Erarbeitung einer Lokal- oder Globalgeschichte handelt: Jede Untersuchung, die sich mit dem Mittelalter befasst, muss auf Urkunden und somit Urkundeneditionen zurückgreifen. Urkundeneditionen stellen dadurch der Forschung den „Rohstoff“ Geschichtsschreibung zur Verfügung

Das Chartularium Sangallense
Das St. Galler Urkundenbuch mit dem Namen „Chartularium Sangallense“ ist die Neubearbeitung und Erweiterung eines aus dem 19. Jahrhundert stammenden Urkundenbuches. Es umfasst alle Urkunden zu Stadt und Region St. Gallen inklusive Appenzellerland der Jahre 700 bis 1411, die aus über 50 Archiven Europas stammen. Damit sind die Bände 1 bis 4 des veralteten Urkundenbuches der Abtei Sanct Gallen aus dem 19. Jahrhundert durch die 13 Bände des neuen Chartularium Sangallense ersetzt. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass durch die Neubearbeitung im Rahmen des Chartularium Sangallense mehr als 40 Prozent neue – das heisst bisher nicht bekannte – Urkunden veröffentlicht und damit der Forschung zugänglich gemacht werden. Ein Grossteil dieser bislang unbekannten Urkunden stammt aus dem Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St. Gallen.

Über Monasterium.net weltweit bequem verfügbar
Um die Benutzung noch leichter und weltweit zugänglich zu machen, wird das gesamte Werk digitalisiert und über das internationale Urkundenportal www.monasterium.net ins Internet gestellt. Dabei werden den edierten Texten aus dem Chartularium Sangallense Abbildungen der Originale der im Stadtarchiv und im Stiftsarchiv St. Gallen vorhandenen Urkunden beigefügt. Auf diese Weise sind die Texte aller und die Bilder vieler Urkunden allen Interessierten weltweit leicht zugänglich.

Bisher sind folgende Bände erschienen. Sie können als PDF-Dateien heruntergeladen werden:


Literaturhinweis
Urkunden – mehr als „nur“ Rechtsquellen. Erfahrungen und Beobachtungen aus der Neubearbeitung des St. Galler Urkundenbuches (Chartularium Sangallense), in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 58/1, Basel 2008, S. 20-50.
Download des Textes.

 

Die Urkundenedition ist auf Monasterium.net abrufbar. Monasterium.Net ist eine gemeinsame Plattform europäischer Archive zur virtuellen Bereitstellung von Urkunden jeglicher Provenienz im Internet.

Seinen Ausgang nahm das Projekt im österreichischen Bundesland Niederösterreich. Derzeit beteiligen sich bereits viele weitere Archive in Österreich, Deutschland, Slowakei, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Serbien, Italien, und der Schweiz. Im stetig anwachsenden virtuellen Urkundenarchiv sind bereits mehr als 200’000 Urkunden einsehbar.

Mehr Informationen über Monasterium finden sich hier.

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